Es gibt sicherlich größere und pompösere Schlösser in Europa als das Belvedere in Wien. In Sachen Eleganz und architektonischer Grazie kann es kaum ein Palast auf dem Kontinent mit dem Sommerschloss des Prinzen Eugen aufnehmen.
Heute ist im Belvedere eines der meist besuchten Museen Österreichs untergebracht. In früheren Zeiten wurde hier Geschichte geschrieben: Vom Erbauer des Schlosses, dem Prinzen Eugen zum Beispiel oder von den Unterzeichnern des österreichischen Staatsvertrags, die den Prunksaal im Oberen Belvedere als Bühne für die Unterfertigung eines epochalen Vertragswerkes nutzten.
Das Wort „Belvedere“ kommt aus dem italienischen und bedeutet schöne Aussicht. Diese hat man vom Schloss aus wirklich. Das Gemälde des italienischen Künstlers Bernardo Bellottos mit Blick auf die historische Altstadt ist ein bekanntes Zeugnis dafür.
Im barocken Schlossgarten spazierten einst Kaiserin Maria Theresia und ihre Tochter Marie Antoinette, die Frau Ludwig des 16., Anton Bruckner und auch der Thronfolger Franz Ferdinand, der das Schloss massiv umgebaut hatte.
Seit drei Jahrhunderten bezaubern Park und Schloss Belvedere nun schon Wienerinnen und Wiener, aber auch Besucher aus aller Welt.
Prinz Eugen von Savoyen, der ruhmreiche Feldherr im Dienste der Habsburger hat sich mit der prächtigen Schlossanlage ein Denkmal gesetzt.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beauftragte der hochgebildete Militär den Barock-Architekten Johann
Lukas von Hildebrandt mit dem Bau eines Sommersitzes vor den Toren der Stadtmauer.
Der Bau des Schlosses fiel in unglaublich bewegte Zeiten. Die zweite Türkenbelagerung war gerade vorbei, in Wien wütete die Pest und der spanische Erbfolgekrieg war im vollen Gange. Dennoch war in Wien eine Aufbruchstimmung zu spüren. Neben Prinz Eugen ließen sich große österreichische Adelsfamilien wie die Liechtenstein, die Schönborns, die Batthyány außerhalb der Stadtmauern Schlösser oder Palais erbauen.
Die prachtvollen Interieurs des Schlosses zeigen: Hier hat sich einer der reichsten Männer seiner Zeit eine Stätte glanzvoller Selbstrepräsentation geschaffen. Als Eugens Sommersitz vollendet war, war der Hausherr bereits über 60.
Als typischer Gelehrter des Barocks interessierte sich Prinz Eugen nicht nur für die Welt der Kultur, sondern pflegte auch eine Leidenschaft für Pflanzen. Zu diesem Zweck ließ er im Unteren Belvedere eine Orangerie einrichten. Dort ließ er exotische Pflanzen anbauen. Durch Eugens ausgezeichnete Vernetzung in aller Welt konnte er von überall her exotische Pflanzen nach Wien bringen, die dann hier angebaut wurden. Es gab die exotischsten Früchte, die man sich zu dieser Zeit nur vorstellen konnte wie Ananas und Banane. Außerdem wurde ein privater Tiergarten mit einer Vielzahl an Raubtieren eingerichtet.
Josef II, ein für seine Zeiten sehr aufgeklärter Habsburger Kaiser, ließ 1776 die kaiserliche Gemäldesammlung der Habsburger aus der Stallburg in das Belvedere verlegen. Er wollte die Bilder der Allgemeinheit zugänglich machen. Dies galt im Sinne des aufgeklärten Absolutismus als kleine Revolution. Von da an galt das Schloss als eine der bedeutendsten Kunsthallen der damaligen Welt. Maria Theresia ließ den Park wiederum für Spaziergänger öffnen. Die Barockanlage sollte dem Wunsch der Kaiserin zufolge als Lustgarten für das Publikum dienen. Ein Angebot, dass bis heute gerne angenommen wird.
Im 19. Jahrhundert wählte der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand das Belvedere zu seinem Wohnsitz. Franz Ferdinand ließ das Schloss umfassend renovieren und brachte es auf den damaligen letzten Stand der Technik. Er ließ elektrische Leitungen, eine Dampfheizung, sanitäre Anlagen und ein Telegrafenamt einbauen.
Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Belvedere und mit seinen Kunstschätzen in den staatlichen Besitz über. Nachdem man im Unteren Belvedere bereits 1903 eine neue Galerie eingerichtet hatte, wurden nun auch die Orangerie und das Obere Belvedere zum Museum, zur sogenannten Österreichischen Galerie. Von exzeptionellen Meisterwerken mittelalterlicher Kunst bis hin zu weltbekannten Gemälden von Gustav Klimt und Egon Schiele. Die österreichische Galerie zieht auch heute noch hunderttausende Besucherinnen und Besucher an. Über 1,3 Millionen waren es zuletzt.
Im Guten wie im Bösen war das Belvedere immer wieder Schauplatz und Bühne bedeutender geschichtlicher Ereignisse. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Anlage schwer beschädigt.
Im Mai 1955 kamen die Außenminister der Alliierten mit dem österreichischen Außenminister Leopold Figl zusammen um den österreichischen Staatsvertrag im Marmorsaal des Oberen Belvedere zu unterzeichnen.
Heute präsentiert sich das Belvedere als bedeutendes Kunstmuseum, erholsame Gartenanlage und prächtiges historisches Denkmal seinen Besucherinnen und Besuchern und ist eines der Wahrzeichen der Stadt. In der Vorweihnachtszeit befindet sich im Schlossgarten ein traditioneller Weihnachtsmarkt. (R)